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So sensibilisiert man im Club für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt

Warum ist das wichtig?

Viele Clubs betonen, dass ihnen die Themen Inklusion und Diversität wichtig seien. Von Bedeutung ist, neben der Symbolik, die nach außen getragen wird, auch intern danach zu handeln.

Das bedeutet, auch für lsbtiq* Fans sowie queere Mitarbeitende und Aktive ein möglichst diskriminierungsfreies (oder zumindest diskriminierungsärmeres) Umfeld zu schaffen. Dafür müssen alle Menschen im Club mitarbeiten. Bisher standen LSBTIQ*-Feindlichkeit und die Anliegen und Bedarfe von queeren Menschen noch nicht in besonderem Fokus der Fußballclubs. Aktuell sind es insbesondere Fanbetreuungen und – sofern vorhanden – CSR/CR Abteilungen, die damit beginnen, sich dem Thema anzunähern.

Wichtig ist aber, dass möglichst alle im Club dafür sensibilisiert werden, wo queere Menschen Diskriminierungen erfahren, wo sie mit Barrieren konfrontiert sind und wie dem entgegengewirkt werden kann.

„Zu sehen: Hier werde ich geachtet, ist enorm wichtig. Wenn von vornherein signalisiert wird: Hier wird richtig gegendert, hier ist also jede Person willkommen, das nimmt einem die Angst. Das ist ein sehr angenehmes Gefühl.“

Jana, weiblich, trans*

Auch die Deutsche Fußballliga (DFL, siehe Weiterführende Materialien) fordert seit dem 1. Januar 2024 mit der Lizenzierungsordnung Fortbildungen für die Mitarbeitenden zu den Themen Diskriminierung, Gleichberechtigung, Diversität und Inklusion.

Was sind umsetzbare Maßnahmen?

Die wichtigste Maßnahme zur Sensibilisierung für das Thema Diskriminierung allgemein und insbesondere für Diskriminierung aufgrund geschlechtlicher Identität und sexueller Orientierung sind Fortbildungen und Workshops.

Möglichst alle im Club sollten solche Fortbildungen durchlaufen: die Mitarbeitenden auf der Geschäftsstelle, aber auch das Personal im sportlichen Bereich und dem Nachwuchsleistungszentrum inklusive der Aktiven.

  • Was CSR/CR Abteilungen tun können

    Weiterbildung und Sensibilisierung erfordern passende Workshopangebote für unterschiedliche Zielgruppen. Die CSR/CR Abteilung sollten das Weiterbildungsangebot möglichst so gestalten, dass alle Mitarbeitenden und Aktiven daran teilnehmen können.

    Schulungen für Mitarbeitende anbieten

    Um langfristig alle Mitarbeitenden im Club zu den Themen Diskriminierung und Vielfalt fortzubilden, empfiehlt es sich, ein Schulungskonzept (ggf. gemeinsam mit der Personalabteilung) zu entwickeln. Hier bietet sich ein modularer Aufbau an:

    1. Vermittlung allgemeiner Grundlagen zu Vielfalt und Anti-Diskriminierung (phänomenübergreifend), z.B. zu Themen wie Privilegien und Deprivilegien, gesellschaftliche Machtverhältnisse, historisch entstandene patriarchale Strukturen etc.
    2. Vertiefende Vermittlung zu spezifischen Diskriminierungsformen (neben Queerfeindlichkeit auch Sexismus, Rassismus, Antisemitismus etc.), d.h. bezogen auf das Thema Queerfeindlichkeit z.B.:
      • Schilderungen von Erfahrungen, die queere Fans und insbesondere tin* Personen beim Stadionbesuch machen
      • Konkrete Hinweise für die Praxis, z.B.
        • diskriminierungssensible Sprache (inkludierende Anrede, korrektes Gendern, passende Pronomen)
        • Anpassungen bei Infrastruktur (Einlasssituation und Sanitäranlagen).

    Durch konkrete Hinweise tragen diese Fortbildungsangebote nicht nur zu einer Sensibilisierung bei, sondern stellen für die Mitarbeitenden Handlungssicherheit her und stoßen im Idealfall konkrete Veränderungen in der Praxis an.

    Unter Weiterführende Materialien findet sich eine Auswahl an Organisationen und Institutionen, die Fortbildungen zu den Themen Vielfalt und Anti-Diskriminierung allgemein sowie geschlechtlicher und sexueller Vielfalt im Speziellen anbieten.

    Schulungen für Aktive anbieten

    In Abstimmung mit dem sportlichen Bereich braucht es für die Profiteams ein (zeitlich reduziertes) Schulungskonzept. Auf dem Fußballplatz sind Beleidigungen weit verbreitet. Darum ist es hier besonders wichtig, zwischen Beleidigung und Diskriminierung zu differenzieren und das Konzept von Unterstützung durch Verbündete (Allyship) zu kennen. Daneben sollte unbedingt der Umgang mit Social Media eine Rolle spielen, insbesondere angemessenes Verhalten im Falle von Hate Speech und Shitstorms sowie Sensibilisierung im Hinblick darauf, welche Inhalte Profis reposten.

    Schulungen in den Nachwuchsleistungszentren (NLZ) anbieten

    Ebenso bedeutsam ist es, das Personal im Nachwuchsleistungszentrum und die dort aktiven Jugendspieler zu sensibilisieren. Das kann auch zu einem besseren Umgang mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt bei der kommenden Profigeneration beitragen.

    Die CSR/CR Abteilung kann das NLZ dabei inhaltlich und fachlich unterstützen oder bei Bedarf entsprechende Entwicklungen anstoßen. Dabei ist zu beachten, dass die Schulungen für das NLZ-Personal insbesondere beinhalten:

    • Grundlagen der gendersensiblen pädagogischen Arbeit
    • Empfehlungen, wie Jugendliche besonders in der Phase der sexuellen und geschlechtlichen Identitätsfindung unterstützt werden können
    • Hinweise, wie sie auf Queerfeindlichkeit, Sexismus und andere Diskriminierungsformen auf und neben dem Platz reagieren können
    • Empfehlungen für die Arbeit mit Eltern, um sie bei einem offenen Umgang im Hinblick auf sexuelle und geschlechtliche Vielfalt zu unterstützen
    • Informationen bezüglich der Spielregelungen für trans*, inter und nicht-binäre Personen

    Für die in den Jugendteams aktiven Spieler*innen sollten angeboten werden:

    • Workshops zu geschlechtlicher und sexueller Vielfalt (z.B. in den U15-Teams). Es ist darauf zu achten, dass diese Workshops davon ausgehen, dass sowohl Jugendliche mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen als auch Jugendliche in der sexuellen und geschlechtlichen Findungsphase anwesend sind. Zudem braucht es Sensibilität dafür, dass sich unter den Teilnehmenden auch nicht geoutete queere und trans* Jugendliche die Workshops befinden können; diese sollen nicht befürchten müssen, dass sie zwangsgeoutet werden.
    • Ergänzende Bildungseinheiten und Gesprächsangebote, bei denen die Jugendlichen sich mit (gleichaltrigen) LSBTIQ* austauschen können (ohne dass die Trainer*innen, Betreuer*innen und Lehrer*innen anwesend sind).

    Unter Weiterführende Materialien findet sich eine Auswahl von Organisationen und Institutionen, die Fortbildungen zu diesen Themen anbieten.

Praxisbeispiele

BVB-Aktionstag „SchwarzBuntGelb“ gegen LSBTIQ*-Feindlichkeit

Der BVB hat in den vergangenen Jahren begonnen, sich gegen Queerfeindlichkeit zu engagieren. Als Startpunkt für die intensive inhaltliche Auseinandersetzung mit diesem Thema wurde ein Aktionstag zum Thema veranstaltet. Im Rahmen dieses Aktionstages gab es unter anderem thematische Workshops, die für Mitarbeitende und Fans gleichermaßen offen waren.

„Der Workshop zu Transfeindlichkeiten war sehr emotional. Er hat mir die Augen geöffnet, wie trans* und nicht-binäre Menschen einen Stadionbesuch erleben und wo es noch Barrieren gibt.“

Mitarbeiterin BVB

Workshops und Schulungen für Mitarbeitende zum Thema Anti-Diskriminierung

Die ersten Schulungen oder Workshops zum Thema Anti-Diskriminierung sind häufig nicht verpflichtend und richten sich an interessierte Mitarbeitende oder Abteilungen, für die das Thema fachlich besonders relevant ist.

Ein positiver Nebeneffekt von freiwilligen Angeboten ist, dass dann Menschen zusammenkommen, die ein besonderes Interesse an dem Thema verbindet. So wird die interne Vernetzung gestärkt:

  • Beim VfL Wolfsburg führte ein gemeinsamer Workshop zum Thema Homofeindlichkeit dazu, dass sich eine interne AG Vielfalt gründete.
  • Beim BVB entstand ein ähnlicher Wunsch im Rahmen einer ersten Schulung zum Thema Anti-Diskriminierung.

„Der Workshop hat meinen Blick auf das Thema ‚Antidiskriminierung bei Borussia Dortmund‘ nochmal wirklich geschärft. Vielleicht wird auch eine ‚AG Antidiskriminierung‘ ins Leben gerufen. Da würde ich mich auf jeden Fall engagieren.“

Mitarbeiterin BVB

Praxisbeispiele

Film ‚Fußball für alle! Ein Zukunftsmärchen?‘

Der Film ‚Fußball für alle! Ein Zukunftsmärchen?‘ stellt die Frage, wie Diskriminierungen im Profifußball funktionieren und wie LSBTIQ*-Feindlichkeit abgebaut werden kann.

Dieser 30-minütige Film eignet sich (auch in Ausschnitten) als  Schulungsmaterial für Weiterbildungen.

Mit: Patrick Owomoyela (Borussia Dortmund), Alexander Arnold (SV Darmstadt 09), Michael Gabriel (KOS Fanprojekte), Felix Tamsut (freier Journalist), Dani Wurbs (KickIn!), Helen Breit (Unsere Kurve), Jessica Tschitschke (Berliner Fußball-Verband), Sven Kistner (QFF), Daniel Lörcher (Borussia Dortmund), Laura Klement (FC Energie Cottbus), Thomas Hitzlsperger (VfB Stuttgart), Gerd Dembowski (FIFA), Claudia Krobitzsch (DFB), Almut Sülzle, Jonas Gabler (beide KoFaS) und Doris Akrap (taz).

Der Film von Malte Voß (Regie und Schnitt) und Antje Grabenhorst (Recherche und Kontakt) entstand 2021 (in der Corona Spielpause) in enger Kooperation zwischen der KoFaS gGmbH und der Friedrich-Ebert-Stiftung. 

Weiterführende Materialien

Die Lizenzierungsordnung der Deutschen Fußballliga (DFL) enthält im Anhang XIV (Nachhaltigkeitskriterien) Abschnitt 3.2. Diversität, Inklusion und Bekämpfung von Diskriminierung das Mindestkriterium „Sensibilisierung der Mitarbeiter/innen“.

Organisationen und Personen, die Weiterbildungen zu den Themen sexuelle und geschlechtliche Vielfalt anbieten

  • KoFaS gGmbH (Berlin) bietet Beratung und bedarfsgerechte Workshops für Clubs und Fanprojekte zu Vielfalt im Stadion, zu Diskrimnierung im Fußball und zu Geschlechterverhältnissen im Fußball (hier insbesondere für Mitarbeitende z.B. in FP/FB).
  • Dissens – Institut für Bildung und Forschung e.V. bietet Forschung, kollegiale Fallberatung  und passgerechte Workshops zu geschlechterreflektierender Pädagogik, zu Vielfalt und Macht in Geschlechterverhältnissen (z.B. zu Geschlecht und Neonazismus-/Rechtsextremismus) sowie zu Prävention von (sexualisierter) Gewalt. Zudem Informationen und Weiterbildungen zu Antifeminismus und Maskulinismus. Dissens arbeitet themenübergreifend, auf Anfrage gerne auch spezifisch zu Sport oder Fußball.
  • KickIn bietet Fachberatung & Prozessbegleitung bei Entwicklung von Diversität & Inklusion sowie maßgeschneiderte Workshops zu Vielfalt im Fußball an. Zudem die Workshopreihe Sprachkick.
  • MeDiF-NRW bietet landesweit den kostenlosen Workshop ‚Vielfalt im Verein, Vielfalt in der Gesellschaft‘ an. Er richtet sich an Jugendteams und ist als Trainingseinheit konzipiert.
  • Die Initiative für mehr gesellschaftliche Verantwortung im Breitensport-Fußball (IVF) bietet Fußballvereinen, Fanprojekten und Sportverbänden Workshops im Themenfeld Vielfalt und Geschlechterrollen an.
  • Die Kompetenz- und Koordinierungsstelle für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt im Sport beim LSVD Berlin-Brandenburg sensibilisiert und berät in Berlin Vereine und Verbände, gibt Workshops zu Vielfalt im Fußball und im Sport und organisiert jährlich mit dem Berliner Fußballverband Veranstaltungen zu Vielfalt. Im Angebot sind auch eigens für Sportteams und -vereine konzipierte Diversity-Workshops.
  • Die Charta für geschlechtliche Vielfalt im Sport ist ein Werkzeug um Sportvereine, Verbände und Organisationen zu sensibilisieren und Hürden für trans*, inter* und nicht-binäre Personen im Sport abzubauen. Sie hilft beim Aufbau einer positiven Haltung zu geschlechtlicher Vielfalt und bei der Umsetzung von geeigneten Maßnahmen. Im Angebot sind auch Workshops, Fortbildungen, Begleitung und Beratung zum Thema geschlechtliche Vielfalt im Vereinssport.