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Das kann der Club tun, wenn es zu queerfeindlichen Vorfällen kam

Warum ist das wichtig?

Auch ein queerfreundliches Stadion kann nicht garantieren, dass Sicherheit und Diskriminierungsfreiheit für alle jederzeit gewährleistet sind. Aber ein solches Stadion bedeutet, dass Verantwortliche auf mögliche Diskriminierungen vorbereitet sind, dass sie auf Vorfälle reagieren und die betroffenen Personen unterstützen. Queerfeindlichkeit kann sich auf unterschiedliche Weise äußern: Transparente von Fans mit trans*- oder homofeindlichem Inhalt, Gesänge, direkte verbale oder gar körperliche Übergriffe auf Fans im Stadion, aber auch queerfeindliche Äußerungen von Spielern oder Club-Mitarbeiter*innen.

Die Frage ist: Wie reagiert der Club?

Wer sagt: „Alle Fans sind in diesem Stadion willkommen!“, muss auch Verantwortung übernehmen, wenn Menschen Diskriminierung erfahren.

„Der Fußball bewegt so viele Menschen, dass Diskriminierung hier keinen Platz haben darf. Dafür muss man aber etwas tun. Man muss gegen jegliche Art der Diskriminierung kämpfen, um den Fußball zu einem Ort zu machen, wo jeder Mensch willkommen ist. So zu tun, als wäre das gar nicht notwendig, ist nach meiner Erfahrung gänzlich falsch.“

Paul Keuter, ehemaliger Geschäftsführer von Hertha BSC

Was sind umsetzbare Maßnahmen?

Welche Reaktion auf einen queerfeindlichen Vorfall angemessen ist, hängt immer auch davon ab, um welchen konkreten Vorfall es geht. Trotzdem hilft es, einen Leitfaden zur Orientierung zu haben. Auch hier ist es wichtig, dass sich die unterschiedlichen Abteilungen abstimmen, sodass die Maßnahmen wirksam umgesetzt werden können.

Abteilungsübergreifend sollte gelten:

  • Mit den Betroffenen solidarisieren und Kontakt suchen
  • Verantwortung übernehmen und sich (öffentlich) positionieren
  • Vorfall intern aufarbeiten und in Präventionsarbeit investieren (siehe auch die Themen Haltung und Weiterbildung)
  • Was CSR/CR Abteilungen tun können

    Im Fall eines queerfeindlichen Vorfalls im Umfeld des Clubs stellt sich die Frage, wer wie darauf reagieren kann und muss. Bei der CSR/CR Abteilung, die im Club für soziale Verantwortung zuständig ist, liegt viel Potenzial, ein mögliches Vorgehen zu koordinieren.

    Mit Betroffenen solidarisieren und Kontakt suchen

    Nachdem der Club von einem queerfeindlichen Vorfall Kenntnis erlangt hat, ist es wichtig, mit den Betroffenen Kontakt aufzunehmen und damit zu zeigen, dass sich der Club mit der betroffenen Person solidarisiert. Möglicherweise kann diese Kontaktaufnahme über die Fanbeauftragten passieren. Dabei sollte im Vorfeld geklärt werden, welche Unterstützung der Club anzubieten bereit ist.

    Manchmal richtet sich die Diskriminierung nicht gegen eine einzelne Person, sondern gegen eine ganze Gruppe. Zum Beispiel, wenn in einem Transparent der Fanszene allgemeine queerfeindliche Aussagen enthalten sind. Auch bei gruppenbezogener Diskriminierung ist es wichtig, dass der Club sich solidarisch zeigt und auf die eigenen Fans oder Fangruppierungen zugeht.

    Verantwortung übernehmen und sich (öffentlich) positionieren

    Der Club sollte klar und deutlich erklären, dass queerfeindliche Äußerungen inakzeptabel und nicht mit den Werten des Clubs vereinbar sind. Hierbei ist es sehr hilfreich, wenn er sich auf einen Wertekodex berufen kann. Das setzt voraus, dass ein solcher existiert (siehe auch das Thema Haltung). Der Wertekodex sollte sich gegen alle Diskriminierungsformen aussprechen, auch gegen Diskriminierung aufgrund der sexuellen und geschlechtlichen Identität.
    Kommt das queerfeindliche Verhalten aus dem eigenen Clubumfeld (z.B. von Trainer*innen oder anderen Mitarbeiter*innen), ist eine (gegebenenfalls öffentliche) Entschuldigung notwendig. Dabei ist es wichtig, dass das Fehlverhalten eingestanden und benannt wird. Es muss deutlich werden, dass der Club Verantwortung für das Handeln übernimmt und was er daraus für die Zukunft ableitet, damit es nicht zu Wiederholungen und / oder gar Nachahmungen kommt. Allzu häufig finden sich Formulierungen, die keine ernsthaften Entschuldigungen, sondern eher ‚Nonpologies‘ sind. So wenn etwa bedauert wird, dass sich eine Person oder eine Gruppe durch das Verhalten diskriminiert fühlte. Oder es wird betont, dass man jedwede Form von Menschenfeindlichkeit ablehnt, wobei die konkrete Form der Diskriminierung (Trans*feindlichkeit, Queerfeindlichkeit, Sexismus etc.) verschwiegen und damit unsichtbar gemacht wird. Die Verantwortung wird in solch einem Fall auf die Betroffenen geschoben.

    Vorfall intern aufarbeiten und in Präventionsarbeit investieren

    Geht es um einen clubinternen Vorfall oder eine queerfeindliche Aussage einer Person aus dem Clubumfeld, ist es wichtig, dies auch intern zu thematisieren. Die Geschäftsführung muss daran teilhaben. Es sollte diskutiert werden: Welche Haltung hat der Club zum Thema Vielfalt und Anti-Diskriminierung allgemein? Widerspricht der Vorfall den postulierten Werten des Clubs? Gegebenenfalls kann ein Vorfall zum Anlass genommen werden, einen Wertekodex zu entwickeln oder zu aktualisieren – auch gemeinsam mit Fans. Fragen, die sich ein Club stellen kann, damit ein Vorfall nicht als ‚Einzelfall‘ verpufft, sind:

    • Was hätte geholfen, damit das nicht passiert?
    • Was können wir ändern, damit es nicht wieder passiert?
    • Wen können wir zur Beantwortung dieser Fragen als Expert*innen hinzuziehen?

    Auch Weiterbildungen können wirksame Maßnahmen sein, die Mitarbeiter*innen des Clubs weiter für Queerfeindlichkeit zu sensibilisieren (siehe dazu das Thema Weiterbildung).

  • Was Fanbeauftragte tun können

    In der Regel haben Fanbeauftragte guten Kontakt zur Fanszene und zu den Fanclubs. Es ist wichtig, sich nach einem Vorfall mit den betroffenen Fans in Verbindung zu setzen und sich mit ihnen zu solidarisieren. Je nach Situation ist eine Entschuldigung angebracht. Auch gilt es zu erfragen, wie die Bedarfe sind und was der Club tun kann, um zu unterstützen. Es ist auch die Aufgabe von Fanbeauftragten, die Interessen der Fans gegenüber den Clubverantwortlichen sichtbar zu machen. Auch aus diesem Grund ist es notwendig, die Lebensrealität und die Bedarfe von lsbtiq* Fans zu kennen, um diese dann an die Geschäftsführung spiegeln zu können.

    Hilfreich kann auch sein, sich nicht nur mit Fans in Verbindung zu setzen, die direkt betroffen sind, sondern auch mit jenen, die sich gegen Diskriminierung engagieren. Wie gehen sie mit der Situation um? Haben sie Ideen für Solidaritätsaktionen und Vorschläge für strukturelle Verbesserungen? Und kann der Club auch in einem solchen Fall solidarisch sein und unterstützen?

    Je nach dem kommen für Fanbeauftragte dieselben Möglichkeiten in Betracht wie für die Kolleg*innen der CSR/CR Abteilung. Es lohnt sich auch bei diesen Maßnahmen nachzulesen.

Praxisbeispiele

So können Entschuldigungen aussehen

Die Geschäftsführung von Dynamo Dresden nimmt öffentlich Stellung, nachdem ein trans*-feindliches Banner im eigenen Fanblock gezeigt wurde, und entschuldigt sich.

Werder Bremen reagiert auf sexistische Kommentare im Netz und bezieht Stellung.

Weiterführendes Material

Rapid: Maßnahmenkatalog gegen Homophobie

Nach schwulenfeindlichen Gesängen auf dem Spielfeld hat SK Rapid Wien einen umfassenden Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung von Homophobie und Sexismus veröffentlicht, der Sensibilisierung (z.B. durch interne Weiterbildungen) beinhaltet, aber auch Forschung zum Thema initiieren möchte.